Über die Barrierefreiheit hinaus soll das Portal und seine Dienstleistungen sämtliche Gruppen von Nutzenden durch ergonomische Oberflächen bei der Erledigung ihrer Aktivitäten unterstützen. Die Anforderungen orientieren sich dabei an den Normen der DIN 9241-Serie. Die Grundprinzipien der Ergonomie und Gebrauchstauglichkeit („Usability“) sind Nutzbarkeit, Wiedererkennbarkeit, Erlernbarkeit, Vermeidung von Bedienfehlern, Ästhetik der Nutzerschnittstelle sowie die Zufriedenheit der Anwenderinnen und Anwender.
Das Entwickeln ergonomischer Oberflächen fließt sehr früh in den Umsetzungsprozess ein, beginnt analog zur Barrierefreiheit in den Konzept-, Design- und Architekturphasen und findet sich in allen weiteren Projektabläufen wieder.
Ergonomie und Barrierefreiheit gehen somit Hand in Hand, aus beiden zusammen ergibt sich die allgemeine Usability einer Software für alle Gruppen von Nutzenden.
Auf Basis der fachlichen Anforderungen, User Journeys und User Stories sowie der inhaltlichen und gestalterischen Vorgaben des Design Systems werden mit zeitlichem Vorlauf zur Implementierung interaktive Prototypen erstellt, deren Oberflächen sich durch die definierten Regeln ergeben. In iterativer Weise entstehen so Oberflächen und Interaktions-Designs, die mit hoher Wiedergabetreue darstellen, wie Nutzende die Oberflächen bedienen werden.
Um sicherzustellen, dass diese Oberflächen effektiv, effizient und zufriedenstellend sind, werden neben der Validierung durch die Fachseiten auch Usability-Tests anhand dieser Prototypen durchgeführt. Die zu testenden Anwendungs-Szenarien und archetypischen Demografien der Testpersonen werden gemeinsam mit dem jeweiligen Fachbereich festgelegt.
Usability-Tests – Ergebnisse und Empfehlungen
In den laufend durchgeführten Usability-Tests begleitet ein Testleitender die Testpersonen und stellt Aufgaben, die dann zu lösen sind.
Hierbei bewegen sich Nutzende in einer beobachteten Umgebung durch die prototypischen Oberflächen. Sie dürfen dabei „laut denken“, um mögliche Schwachpunkte in den Oberflächen zu finden. Das User Interface wird dabei gegen die etablierten Kriterien der Software-Ergonomie getestet. Konzeptierende und Designerinnen und Designer bewerten die Erkenntnisse aus den Tests gemeinsam mit den beteiligten Fachseiten und berücksichtigen diese in der nächsten Iteration zur Erstellung verbesserter Artefakte.
Die Abnahme von Usability-Tests geschieht immer durch das Testteam, das auch im Prototyping für die Tests und die Analyse der Erkenntnisse zuständig war. Dieses Team kennt den gesamten Entwicklungsprozess der Anwendung und Oberfläche und kann sofort prüfen, ob die nutzerzentrierten Anforderungen in die Oberfläche richtig eingearbeitet wurden.
Der jeweilige Fachbereich als Auftraggebender wird in die Tests mit einbezogen, um dafür zu sorgen, dass die ursprünglichen Anforderungen an die Software erfüllt sind. Dies verhindert mögliche Fehlerkorrekturen im Nachgang, die den Zeitplan gefährden könnten.
Vorlage Forschungsplan
Ein gut strukturierter Forschungsplan vermittelt ein klares Verständnis des Zwecks, der Methodik und der beabsichtigten Ergebnisse einer Nutzungsstudie. Er hilft, die Forschungsfragen zu ermitteln, Hypothesen zu formulieren, geeignete Forschungsmethoden und Teilnehmende auszuwählen und eine Roadmap für das Forschungsprojekt zu erstellen, um Interessengruppen und Mitarbeitende zu informieren.
Der Forschungsplan besteht aus sieben Abschnitten:
1. Hintergrund
Der Forschungsplan soll zu Beginn den Hintergrund und den Kontext der Studie darstellen. Dies beinhaltet einen kurzen Überblick über das Thema oder das Problem, das untersucht wird, sowie alle relevanten Hintergrundinformationen, die den Lesenden helfen, den Zweck und den Umfang der Studie zu verstehen.
Beispiel:
„Aufgrund von Beschwerden von Nutzenden im Service Center zur aktuellen Oberfläche der Anwendung XYZ planen wir eine UX-Untersuchung zur Identifizierung von Herausforderungen und Verbesserungsmöglichkeiten.“
2. Ziele
Das Ziel des Forschungsplans ist das übergeordnete Ziel, das durch die Studie erreicht werden soll. Dabei kann es sich um ein bestimmtes Ergebnis handeln, auf das hingearbeitet wird, z. B. die Verbesserung eines Prozesses oder einer Dienstleistung, oder um ein allgemeineres Ziel, z. B. die Verbesserung des Verständnisses einer bestimmten Thematik. Es ist wichtig, dass das Ziel klar und spezifisch ist und dass es mit der Forschungsfrage und der Hypothese übereinstimmt, die in den nächsten Abschnitten entwickelt wird.
Beispiel:
„Unsere Ziele sind die Ermittlung von Ursachen für Frustrationen Nutzender, die Verbesserung der allgemeinen Nutzungszufriedenheit, und die Steigerung der Antragstellungen über das Zoll-Portal.“
3. Hypothese
Die Hypothese ist eine Aussage darüber, was als Ergebnis der Studie erwartet wird. Sie soll spezifisch und überprüfbar sein und sich auf die Forschungsfrage konzentrieren. Die Hypothese basiert auf den Hintergrundinformationen und der Forschungsfrage und ist darauf ausgerichtet, dass das Forschungsziel erreicht wird. Es ist wichtig, dass die Hypothese überprüfbar ist und dass die geeigneten Methoden und Teilnehmenden für die Überprüfung der Hypothese bestimmt wird.
Beispiel:
„Wir gehen davon aus, dass eine Optimierung der Antragstellung zu einer Reduzierung der erkannten Abbruchraten im Verfahren XYZ und einer insgesamt positiveren Nutzungserfahrung im Zoll-Portal führt.“
4. Forschungsfragen
Die Forschungsfragen sind spezifischen Fragen, die durch die Studie beantwortet werden sollen. Diese Fragen beziehen sich auf die bereitgestellten Hintergrundinformationen und dienen dazu, das Forschungsziel festzulegen und eine erfolgreiche Studie zu ermöglichen.
Beispiel:
„Wie beeinflusst die Usability im Zoll-Portal die Antragstellung von Nutzenden, und welche spezifischen Schritte können verbessert werden, um die Zufriedenheit zu steigern?“
5. Methoden
Im Methodenteil des Forschungsplans werden die spezifischen Forschungsmethoden dargelegt, die zur Prüfung der Hypothese und zur Beantwortung der Forschungsfragen eingesetzt werden. Dazu gehören zum Beispiel Umfragen, Interviews oder Usability-Tests. Es ist wichtig, dass die Methode in diesem Abschnitt detailliert dargestellt wird, damit andere die Studie bei Bedarf wiederholen können. Es soll darauf geachtet werden, dass die gewählten Methoden für die Forschungsfrage und Hypothese geeignet sind.
Beispiel:
„Die Studie umfasst Remote-Usability-Tests und Interviews mit 5 Nutzenden.“
6. Teilnehmende
Das demografische Profil der Teilnehmenden muss für die Rekrutierung genau definiert werden. Teilnehmende können Kunden, interne Anwenderinnen und Anwender oder andere Interessengruppen sein, die für die Forschungsfrage und Hypothese relevant sind. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Teilnehmenden repräsentativ für den Teil der Bevölkerung ist der untersucht wird, und dass alle potenziellen Verzerrungen erkannt werden, welche die Ergebnisse beeinflussen können.
Beispiel:
„Teilnehmen werden Steuerberaterinnen und Steuerberater im Alter von 35-65 Jahren mit Zielgruppen im ländlichen Raum und Erfahrung mit Antragstellung im Zoll-Portal.“
7. Roadmap
Die Roadmap stellt den Verlauf der Studie in einem zeitlichen Rahmen dar. Darin wird aufgelistet, wie viel Zeit für die Ausarbeitung der Anforderungen, die Vorbereitung der Prototypen, die Rekrutierung der Teilnehmenden und die Auswertung der Daten und Aufarbeitung der Erkenntnisse benötigt wird.
Beispiel:
„Die Studie erstreckt sich über sechs Wochen, beginnend mit Vorbereitung und Rekrutierung, gefolgt von Tests und Interviews. Analyse und Handlungsempfehlungen schließen die Roadmap ab.“
How-To Usability-Testing
Ein Usability-Test ist eine Forschungsmethode, um vorläufige Designs mit potenziellen Nutzenden auf Nutzungsfreundlichkeit zu prüfen. Diese Tests sind in kurzer Zeit und mit einfachen Mitteln durchführbar, was es ermöglicht, authentisches Feedback zu erhalten, Fragestellungen zu explorieren, Themen zu erkunden und zuletzt fundierte, nachhaltige Designentscheidungen zu treffen.
Ein Usability-Test besteht aus drei Phasen: der Vorbereitungsphase, der Testphase und der Auswertungsphase.
Vorbereitung
In der Vorbereitungsphase wird der Prototyp erstellt und der Testumfang klar definiert. Zudem wird die relevante Zielgruppe identifiziert und die Rekrutierung der Probandinnen und Probanden gestartet.
Prototyp
Um die Designs mit potenziellen Nutzenden zu testen, werden Prototypen erstellt, um das Zoll-Portal und die angeschlossenen Anwendungen nachzubilden. Dabei wird im ersten Schritt die relevante Aufgabe bzw. die Dienstleistung im Zoll-Portal analysiert und anschließend als klickbarer Prototyp nachgebildet. Wenn dieser fertiggestellt ist, lässt dieser sich über einen Link mit externen Personen teilen.
Um den Usability-Test so realistisch wie möglich zu gestalten ist es wichtig, dass der Prototyp einwandfrei funktioniert. Dies bedeutet, dass die Interaktion identisch zum Zoll-Portal funktioniert. Alle zur Klickstrecke relevanten Links müssen funktionieren und die Teilnehmenden im Test auf die richtigen Seiten führen. Wenn ein relevanter Link nicht macht, was er soll, dann wirkt das auf die Teilnehmenden wie ein Nutzbarkeitsproblem. Somit wird im Test wertvolle Zeit vergeudet, die für die Aufdeckung echter Nutzungsprobleme fehlt.
Einige Interaktionen lassen sich im Prototyp nicht exakt abbilden. Das kann an Beschränkungen der Software liegen, aber auch an der begrenzten Zeit, die für die Erstellung des Prototyps verfügbar ist. Um die Teilnehmenden mit diesen Einschränkungen nicht zu frustrieren ist es hilfreich, zu Beginn des Tests auf die Tatsache aufmerksam zu machen, dass es sich bei dem Design um einen Prototypen handelt.
Teilnehmende
Noch während der Prototyp im Design-Team erstellt wird, werden bereits Termine für die Tests festgelegt und Teilnehmende rekrutiert. Um die passenden Teilnehmenden für die Studie zu finden, bietet sich es an, eine hierauf spezialisierte Agentur mit der Rekrutierung zu beauftragen. Gute Anbieter haben ein sehr großes Panel an potenziellen Testenden, die vor der Rekrutierung sorgfältig gesichtet werden. Im Regelfall startet die Rekrutierung mindestens 2 Wochen vor Beginn der Testphase. Je nach Zielgruppe dauert die Rekrutierung unterschiedlich lange. Falls sehr spezielle Profile gesucht werden, wird eventuell sogar noch mehr Zeit dafür benötigt.
Alternativ können Teilnehmende auch über soziale Netzwerke wie LinkedIn rekrutiert werden. Die Schwierigkeit hierbei ist, dass die Teilnehmenden nicht direkt für ihre Teilnahme entlohnt werden können. Bei einigen Agenturen ist es möglich, die selbst rekrutierten Teilnehmenden an die Agentur zu vermitteln. Diese kümmert sich dann über die Abwicklung der Vergütungen und Terminplanung und stellt lediglich die organisatorischen Kosten in Rechnung.
Fragenleitfaden
Damit der Test reibungslos verlaufen kann, wird in der Vorbereitung ein Leitfaden für das Gespräch erstellt. Dieser hilft den Usability-Forschenden, bei der Durchführung des Tests stets den Fokus auf die relevanten Fragestellungen zu haben. Im ersten Schritt werden alle relevanten Screens geordnet, die im Test durchlaufen werden. Zu jedem der Screens werden relevante Fragen formuliert. Hier muss darauf geachtet werden, dass die Fragen präzise gestellt werden, um die übergeordnete Fragestellung der Studie möglichst gut beantworten zu können.
Der Leitfaden soll hauptsächlich zur Orientierung dienen, in den seltensten Fällen wird er Frage für Frage „abgearbeitet“. Die Reihenfolge der Fragen kann je nach Gespräch variieren. Das Gespräch soll möglichst natürlich verlaufen, daher bietet es sich an, die jeweiligen Themen spontan tiefer zu erkunden, sobald sie angesprochen werden.
Testdurchführung
Remote Usability-Tests sind eine hervorragende Alternative zu Tests, die in einem Labor vor Ort stattfinden. Microsoft Teams ermöglicht es, den Bildschirm der Teilnehmenden zu beobachten, während sie durch den Prototyp navigieren.
Fragen stellen
Es gibt einige hilfreiche Tipps und Tricks, die dabei helfen, die Qualität der Studienerkenntnisse zu verbessern. Dabei spielt die Art und Weise eine große Rolle, wie im Gespräch Fragen gestellt werden. Während des Tests müssen klare, offene Fragen gestellt werden, die einen tieferen Einblick in die Gedanken und Erfahrungen der Testpersonen ermöglichen. Die Fragen sollen nicht nur darauf abzielen, oberflächliche Reaktionen, sondern die Gründe für bestimmte Handlungen oder Meinungen zu erfassen.
Offene Fragen eignen sich besser, um Raum für ausführliche Antworten zu erhalten als geschlossene Fragen, die mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Durch gezieltes Nachfragen werden zusätzliche, und oftmals auch unerwartete Erkenntnisse gewonnen. Ein gutes Gespür für den richtigen Zeitpunkt einer Frage und die Formulierung der Frage ermöglichen eine erfolgreiche Studie.
Notizen schreiben
Beobachtungen und Nutzer-Feedback bilden die Grundlage für die spätere Analyse und der Ableitung von Handlungsempfehlungen. Gute Notizen enthalten Aussagen zu Nutzererfahrung und Verständnis im jeweiligen Kontext. Ebenso wichtig sind Beobachtungen über das Verhalten der Nutzenden auf der Website. Um Erkenntnisse in der Präsentation mit realen Aussagen zu untermauern, können nennenswerte Zitate der Teilnehmenden notiert werden.
Es ist wichtig, dass die Notizen klar strukturiert und lesbar sind. Für den Test muss immer mindestens eine Person notieren. Es empfiehlt sich, die Notizen der Tests gut strukturiert in einem geteilten Dokument oder Board zu notieren, auf dem im Anschluss auch die Analyse stattfinden kann.
Auswertung und Präsentation
In der Auswertung werden aussagekräftige Erkenntnisse über die Nutzungsfreundlichkeit der Testobjekte gewonnen. Nachdem die Testphase abgeschlossen ist, werden die gesammelten Daten geordnet und analysiert. Dabei soll darauf geachtet werden, Muster oder Trends zu erkennen und signifikante Probleme zu identifizieren. Durch die systemische Auswertung können Stärken und Schwächen der Webseite erkannt werden, um gezielte Handlungsempfehlungen zu vermitteln.
Addendum: Beispielhafte Forschungsfragen
Zur Registrierung:
Wie einfach ist der Registrierungsprozess zu verstehen und durchzuführen?
Welche Schwierigkeiten treten bei der Registrierung auf?
Wie handhaben Nutzende die Authentifizierung über eine der angebotenen Login-Optionen?
Wie kann Nutzenden bei der Registrierung geholfen werden?
Zu Eingaben:
Wie gut sind Formulare strukturiert und gestaltet, um eine einfache und klare Eingabe zu ermöglichen?
Welche Schwierigkeiten treten bei der Eingabe von Daten und Informationen auf?
Wie effektiv ist die Validierung von Eingaben, um Fehler frühzeitig zu erkennen?
Wie verständlich sind die Angaben bzw. Abfragen in Anträgen?
Wie kann die Anwendung bei der Eingabe unterstützen?
Zur Hilfe:
Wie leicht finden Nutzende Hilfemöglichkeiten?
Wie verständlich sind die Hilfemöglichkeiten?
An welchen Stellen möchten Nutzende Hilfemöglichkeiten aufsuchen?
Wie ist die Benutzbarkeit des Chatbots?
Wie interagieren Nutzende mit dem Chatbot?
Zur Sprache:
Wie verständlich ist die Sprache?
Welche Präferenzen haben Nutzende bezüglich der Sprache?
Wie gut erfüllt der Tonfall die Erwartungen und Bedürfnisse von Zielgruppen?
Welche Möglichkeiten zur Verbesserung der Sprache gibt es?
Zur Funktion Zwischenspeichern:
Wie wird die Funktion zum Zwischenspeichern von Anträgen genutzt?
Wie einfach ist das Zwischenspeichern von Anträgen?
Wie einfach funktioniert das Fortsetzen von Anträgen nach dem Speichern?
Welche Verbesserungen wünschen sich die Nutzenden für das Zwischenspeichern von Anträgen?
Zum PDF-Download:
Wie bewerten Nutzende das Herunterladen des Bescheids als PDF?
Welche Verbesserungsvorschläge haben Nutzende für die Handhabung des Herunterladens eines Bescheids als PDF?
Zur Darstellung und Lesbarkeit:
Wie gut ist die Lesbarkeit des Textinhalts?
Inwiefern trägt die aktuelle Darstellung zur Nutzungsfreundlichkeit und Verständnis bei?
Wie wirkt sich die Verwendung von Typografie und die Auswahl von Textgrößen auf die Lesbarkeit und Darstellung aus?
Welche Verbesserungsmöglichkeiten sehen die Nutzenden in Hinsicht auf Lesbarkeit und Darstellung?